Energie ist Macht. Und fossile Energie ist das Machtinstrument des 20. und 21. Jahrhunderts. Die Journalistin und Autorin Susanne Götze hat gemeinsam mit Annika Joeres ein Buch geschrieben, das zeigt, wie eng Öl und Gas mit Politik, Medien und Wirtschaft verwoben sind – und wie gefährlich diese Abhängigkeit ist. Im Interview spricht Götze über ihre Recherchen im Irak, in Norwegen und in den USA, über milliardenschwere Lobbynetzwerke und darüber, wie eine demokratische, gerechte Energiewende gelingen kann.
Frau Götze, was ist das erste Bild, das Ihnen in den Kopf schießt, wenn Sie an die fossile Macht denken – etwas, das ihren Einfluss, aber auch ihre Verwundbarkeit zeigt?
Zwei Bilder schießen mir sofort durch den Kopf. Das erste stammt aus Basra im Irak. Ich flog frühmorgens um fünf zurück nach Deutschland. Beim Start des Flugzeugs sah ich aus der Luft eine gespenstische Szenerie: Überall unten am Boden flackerten kleine und große Feuer – es wirkte, als würde man über einen Teppich aus Lagerfeuern fliegen. Rund um die Stadt zog sich ein regelrechter Feuergürtel.

Es sah martialisch aus, fast mittelalterlich. Natürlich waren das keine Lagerfeuer, sondern Raffinerietürme – sogenannte Flaring-Türme –, an denen überschüssiges Gas aus der Ölproduktion abgefackelt wird. Und man weiß: Die Menschen dort leiden unter dieser Luftverschmutzung. Viele werden krank. Ich habe einige von ihnen getroffen.
In diesem Moment spürte ich eine große Ohnmacht. Dieses Bild steht für mich sinnbildlich für die zerstörerische Kraft fossiler Energien – und für all das, was wir in Deutschland nicht sehen. Wir sind Teil dieses Systems, aber wir erleben seine Folgen nicht direkt.
Mir fällt noch ein zweites Bild ein: Das sind große Yachten, riesige Villen – der konzentrierte Reichtum einer sehr kleinen Elite. Auch das sehe ich.