Schlagwort: klimakrise

  • Von der Hypermobilität zur Resilienz

    Ein Beitrag von Prof. Dr. Stephan Rammler

    In John Scalzis Science-Fiction-Trilogie Das Imperium der Ströme spannt sich ein unsichtbares, doch lebensnotwendiges Geflecht aus „Strömen“ durch das All – gewaltige Wurmlöcher, die wie pulsierende Adern die entlegensten Winkel einer fernen Galaxie miteinander verbinden. Sie sind nicht bloß physikalische Anomalien, sondern das Fundament einer ganzen Zivilisation. Über Generationen hinweg hat die Menschheit diese kosmischen Schnellstraßen genutzt, um sich über 47 Sternensysteme auszubreiten.

    Jeder bewohnbare Ort, jedes künstliche Habitat, jede Raumstation existiert nur dank des ständigen Flusses von Gütern, Nahrungsmitteln, Wasser, Werkzeugen, Wissen und Menschen. Interdependenz ist nicht nur eine ökonomische Notwendigkeit, sondern die Gründungsidee dieses „Heiligen Imperiums der Interdependenten Staaten“. Kein Planet, kein Außenposten, kein Asteroidenhabitat könnte je alleine überleben. Überall ist man angewiesen auf das, was aus der Ferne kommt – und auf jene, die es transportieren.

    Das Rückgrat dieser Welt bilden daher die Handelsgilden, die Logistikmeister und die hochspezialisierten Physiker der Stromnavigation. Sie sind die Hüter der Verbindungslinien, die Lebensadern des Imperiums. Doch dann geschieht das Unfassbare: Die Ströme beginnen zu flackern. Erst unmerklich, dann immer spürbarer. Sie verlieren an Stabilität, reißen ab, verschieben sich – und kündigen ihren drohenden Kollaps an.

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  • Der Kairos-Moment

    Warum gerade jetzt die Weichen für Generationen gestellt werden


    Eine Serie von Eckard Christiani und Prof. Dr. Stephan Rammler in forum Nachhaltig Wirtschaften. TEIL 1 – erschienen Juni 2025

    Zukunft ist nicht etwas, das irgendwann geschieht. Sie ist kein ferner Horizont. Zukunft entsteht jetzt – in dem Moment, in dem wir atmen, entscheiden, gestalten oder auch zögern. Was gestern noch Utopie schien, wird heute Entscheidung – und morgen schon Realität. Niemals zuvor in der Geschichte der Menschheit war die Wucht all dessen, was auf uns einwirkt, so tiefgreifend, so unumkehrbar, so umfassend wie heute.

    Eckard Christiani und Prof. Dr. Stephan Rammler im Gespräch

    Viele spüren, dass wir an einem historischen Schwellenpunkt stehen. In einem Moment, in dem sich globale Herausforderungen zu einem einzigen Prüfstein für das Überleben der Menschen verdichten: die Klimakrise, die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz, das Zerfallen geopolitischer Ordnungen und die demografischen Verschiebungen zwischen den Generationen. Diese Herausforderungen sind keine isolierten Phänomene. Sie sind miteinander verwoben, sie wirken ineinander, sie verstärken sich – wie Resonanzen in einem fragilen System. Und genau deshalb lassen sie sich auch nicht einzeln lösen. Sie fordern eine neue, integrierte Sichtweise. Eine, die Zusammenhänge erkennt. Eine, die den Mut hat, alte Denkweisen zu überwinden.

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  • Klimafuturologie: Szenarien für eine überhitzte Welt

    Ein Beitrag von Prof. Dr. Stephan Rammler

    „Viel mehr als die immer neue Erzählung von der Infiltration des Lebens durch vergangenes und verdrängtes Unheil interessiert uns hier die Erzählung von der Infiltration unseres gegenwärtigen Lebens durch ein schon beginnendes, aber vielleicht noch begrenzbares Unheil aus der Zukunft.“
    — Bernd Ulrich

    Kalifornien Anfang der 1990er – Aufbruch und Ernüchterung

    Vor fünfunddreißig Jahren habe ich in Kalifornien gelebt. Nach der Weltklimakonferenz in Rio 1992 erreichte die Klimadebatte einen ersten Höhepunkt. Ich hatte einen Studentenjob am Lawrence Berkeley Lab in den Hügeln über Berkeley angenommen. Als eine der ersten Forschungseinrichtungen weltweit arbeitete man dort bereits zu politischen und ökonomischen Konzepten der Klimaregulierung, zu Energieeffizienz und zu Alternativen zur fossilen Energie.

    Gleichzeitig erkundete ich Kalifornien. Die Schönheit der Landschaft übertraf alles, was ich bis dahin kennengelernt hatte. Besonders faszinierten mich die Redwoods – majestätische Wälder an der Pazifikküste, in denen über tausend Jahre alte Mammutbäume wie Götter über einem Paradies wachen.

    Der Redwood-Nationalpark liegt an der kalifornischen Pazifikküste nahe der Grenze zu Oregon.

    Umso trauriger ist, was seitdem in diesem Paradies geschehen ist. Der ehemalige Hotspot ökologischen Denkens wurde selbst zu einem Schaufenster ökologischer Verwüstung: enorme Hitze, anhaltende Trockenheit, zerstörerische Brände, dramatischer Wassermangel und extreme Unwetter – die drei apokalyptischen Reiter des Klimawandels weltweit.

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