Warum wir erst heilen müssen, damit Wandel tragen kann – und wie wir das praktisch angehen.
Manchmal fehlen in Debatten keine Argumente, sondern ein Boden, auf dem Argumente überhaupt wurzeln können. Genau dort setzt unsere neue Fellow-Gruppe beyond trauma an. Sie untersucht, wie individuelle und kollektive Verletzungen gesellschaftliche Veränderung bremsen – und wie sich Räume, Regeln und Rituale bauen lassen, die wieder Urteils-, Empathie- und Konfliktfähigkeit ermöglichen.
von beyond new
Worum es geht – und warum jetzt
Wir leben in einer dichten Gegenwart: Krieg, Klimastress, Migration, digitale Beschleunigung, Ungleichheit. Diese Krisen schichten sich zur „Trauma-Matrix“: Verletzungen lagern sich in Körpern, Beziehungen, Debatten oder Institutionen ab – und erklären, warum Gesellschaften trotz Wissen und Technik immer wieder am gleichen Bremspunkt stehen.

Unsere Grundannahme: Nicht Informationsmangel, sondern unverarbeitete Verletzung erzeugt einen Teil der kollektiven Handlungsunfähigkeit. Also braucht Transformation Räume, Rituale und Regeln, die Sicherheit, Gesehenwerden und Zugehörigkeit ermöglichen – bevor große Veränderungen greifen können.
Unser Ansatz
Wir behandeln das Thema nicht als Zusatzmodul, sondern als Fundament: Die Fähigkeit, sich im Miteinander zu beruhigen, zu spüren und zu kooperieren – kurz: Co-Regulation – ist keine nette Beigabe, sondern die Grundlage dafür, dass Urteilen, Empathie, Konflikt- und Transformationsfähigkeit überhaupt tragfähig werden. Erzählen allein verändert wenig. Menschen verändern ihre Haltung vor allem dann, wenn sie Erfahrungen machen, in denen sie sich sicher fühlen, gesehen werden und Zugehörigkeit erleben. Damit das nicht vage bleibt, arbeiten wir mit einer schlanken, ernstzunehmenden Messbrille: Vor und nach Formaten schauen wir auf Signale wie erlebte Sicherheit, Verbundenheit, Empathie, Selbstwirksamkeit und die Fähigkeit, Spannungen auszuhalten – und wir prüfen in Abständen, ob diese Effekte anhalten.
Wie wir arbeiten
Zuerst machen wir sichtbar, woher die prägenden Verletzungen kommen und wie sie sich in Körpern, Beziehungen und in der Gesellschaft fortschreiben: historische Gewalt- und Autoritarismuserfahrungen, koloniale Spuren, patriarchale Muster, abrupte Systemwechsel bis hin zu den Erschütterungen der Pandemie. Darauf folgt das Funktionsverständnis: Wir zeichnen nach, auf welchen Wegen Trauma Wandel ausbremst – über Rückzug in Vertrautes, über das Abreißen von Empathie in Konflikten, über Belohnungs-/Bestrafungslogiken in Organisationen, über Betäubungsstrategien und die Neigung, Schuld nach außen zu verlagern. Dann wenden wir den Blick nach vorn und sammeln, was schon funktioniert: Orte und Methoden, die Kollektivheilung, Dialog und Co-Regulation ermöglichen. Unser Ziel ist nicht, das Rad neu zu erfinden, sondern Gutes zu verbinden, anzupassen und behutsam zu vergrößern. Schließlich sichern wir Wirkung: Wir begleiten die Formate mit sorgfältiger Evaluation, damit aus einem starken Moment eine tragfähige Praxis werden kann.
Theory of Change
Inhaltlich verbinden wir Systemkritik (gegen monopolkapitalistische/technofaschistische Tendenzen) mit Trauma-Kompetenz. Prozessual arbeiten wir pfadkongruent: Der Weg trägt die Kultur des Ziels – Entschleunigung statt Hektik, Resonanzräume statt Dauerdebatten, klare Safety-Protokolle statt Durchboxen.
Drei konkrete Schritte
- Positionspapier: Trauma-Matrix & Blockaden verständlich, Praxislandschaft skizziert, Begründung traumasensibler Transformationsräume. Basis für Partnerschaften & Förderansprachen.
- Zwei Prototypen (Piloten):
- Großgruppen-Dialoge mit traumasensiblen Regeln, somatischen Mikro-Interventionen, künstlerischen Impulsen und Ritualen der Zugehörigkeit.
- Podcast-Reihe als Verstärker: Geschichten, Methoden, Transfer.
- Evidenz & Skalierung: Qualitativ/quantitativ evaluieren, Lehren destillieren, Leitfäden für Kommunen, Schulen und Organisationen; Policy-Empfehlungen.
Leitidee: Traumabewusste Gesellschaft – eine Kultur, die Wunden anerkennt, Sicherheit herstellt, Beziehungen pflegt und Konflikte bearbeitbar macht. So entsteht Energie für mutige, faire und zukunftsfähige Entscheidungen.
Meet the Fellows –
wer beyond trauma trägt
- Michael Gleich – Journalist, Moderator, Friedens- und Medienprojekte. Stiftet erzählerische Brücken zwischen Konflikt, Versöhnung und Politik.
- Stella Schaller – systemische Transformationsbegleiterin und Mitgründerin des Thinktanks Reinventing Society.
- Ute Scheub – Journalistin & Autorin, Mitgründerin der taz (u. a. Friedens-, Klima-, Frauenrechtsprojekte). Bringt Erfahrungswissen aus Dialog- und Heilungsräumen mit Öffentlichkeit zusammen.
(Weitere Fellows und Partner werden fortlaufend vorgestellt.)
Aus der Stiftung mit an Bord:
- Prof. Dr. Stephan Rammler – Mitgründer von beyond new, Zukunfts- und Transformationsforscher, Professor für Transportation Design und Sciences, Gründungsdirektor des Instituts für Transportation Design. Transformation heißt für ihn, den Kairos-Moment zu nutzen.
- Eckard Christiani – Mitgründer von beyond new, Wissenschaftsjournalist, Autor von Zukunftsbüchern. Kuratiert, übersetzt und erzählt Zukunft so, dass aus Denken Handlung wird.
Organisation & Mitmachen
Wir starten bewusst schlank. Sichtbarkeit entsteht über Magazin, Blog, Podcast, Kurzvideos. Im Dezember planen wir ein Crowdfunding; parallel sprechen wir Förderer an. Für die Piloten suchen wir Co-Finanzierung (Facilitation, Evaluation, Doku). Räume sind vorhanden; wir bauen Partnerschaften mit Trägern der Zivilgesellschaft und Forschung aus.
Gesucht: Praxis-Anker (Kommunen, Schulen, Organisationen), Forschende (Evaluation/Indikatorik) und Co-Finanzierer:innen.
Kontakt: info@beyond-new.org
Kernbotschaft: Reine Aufklärung reicht nicht. Berührende Erfahrungen in sicheren Räumen machen Gesellschaft handlungsfähig – und geben Klima-, Demokratie- und Gerechtigkeitspolitik den Boden, auf dem sie stehen kann.

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